081020 - Buddha und Khlongs

Dagegen habe ich mir für heute vorgenommen, mal eine 'wirkliche' Sehenswürdigkeit Bangkoks anzuschauen - den Königspalast, sowie die Tempel auf dem Gelände, touristisch und buddhistisch gekrönt vom emerald Buddha.
Mittlerweile bin ich ja schon verkehrserfahren und komme nach relativ kurzer BTS-Fahrzeit in Sapan Thaksin an, der Endstation sowie der Hauptanlegestelle für Boote. Neben der Fahrt zu den architekturellen Highlights hatte ich mir auch vorgenommen, die Khlongs zu besichtigen, nur als 'Alternativprogramm' sozusagen. Die Verhandlungen mit den möglichen Langboot-Vermietern verlaufen aber im Sande, weil einfach die Preise für eine einzelne Person nicht allzu sehr von denen differieren, die auch für eine ganze Bootsladung gefordert werden. Das ist wohl auch der Preis für die Einzelreise. Schließlich gebe ich das Ganze auf und beschließe, ein Tourist-One-Day Boat Ticket für 150 B zu erwerben, das es mir ermöglicht, beliebig viele Fahrten auf dem Fluß zu unternehmen. Scheint eine gute Wahl zu sein…
Das Tourist-Boat entpuppt sich dann als richtig touri - mit lautstarkem, kontinuierlichem Beschallungsverdruß. Vor, nach und zwischen den Stationen wird eindringlich über diese gesprochen, die Schönheiten werden beschrieben, die Sehenswürdigkeiten (auch wenn es keine geben sollte - man kann ja welche erfinden) angepriesen. Nach kurzer Zeit ist das aber trotz des Lärms nur noch eine Komponente des omnipotenten Lärms in der Stadt. Noise Level Flugzeugstart.
So bekomme ich auch nur am Rande mit, daß für heute ein Teil des Palasts gesperrt sei, resp. für einige Zeit nicht geöffnet habe - weil nämlich der König für eine wichtige Festlichkeit ankomme. Mehr dringt nicht zu meinen grauen Zellen durch…
Nach dem Ausstieg führt der Weg erst mal eine Straße lang, wo ich fasziniert bemerke, daß Zahnersatz auf dieser Straße verkauft wird. Die Exponate zeugen davon. Grauslig! Wo die wohl gefertigt werden und ob die jemals einen vernünftigen Sitz im Mund haben werden?
Je näher ich dem Palast komme, desto öfter werde ich auch angesprochen - aber dagegen bin ich ja immun. Mehrfach wird mir aber bedeutet, daß meine 'kurze' Hose - geht immerhin übers Knie - nicht lange genug für den Einlaß sei. Sei's drum - erst dort wird das wirklich gecheckt.
Dort - finde ich einen Officer, der mir erläutert, daß die Hose wirklich zu kurz sei und außerdem wegen irgendeiner Festivität der Zugang nur beschränkt möglich sei. Stimmt, habe ich auch gerade auf dem Boot erfahren. Also werde ich wohl an einem anderen Tag wieder kommen. Aber freundlich, wie der Herr nun mal ist, hat er doch eine Alternative: Es gäbe ja noch beliebig viele Tempel in der Umgebung, davon auch einen mit dem lächelnden Buddha und den mit dem liegenden Buddha, und da sollte ich doch hin. Kostet die Kleinigkeit von 40 B mit Tuktuk. Spätestens bei dem Spottpreis hätte ich hellhörig werden müssen, wird doch genau davor überall gewarnt. Nicht so heute - denn die Geschichte hatte ich ja schon auf dem Schiff gehört…
Zunächst stellt sich alles als ganz OK heraus, insbesondere weil der Tuktuk-Fahrer - ein alter, sehr netter Herr mich auch wirklich zu dem besagten Tempel fährt. Der aber nicht gerade weltbewegend ist. Einige Fotos später geht's weiter und - wir landen vor einem Edelsteingeschäft. Ich mache dem Fahrer gleich klar, daß ich nicht aussteigen, nicht reingehen und schon gleich gar kein Interesse hätte. Nach einiger Diskussion meint er, daß es ja nur 5 Minuten seien … wogegen bei mir aber nur 10 s übrig bleiben. Nepp pur! Raus und zurück aufs Tuktuk.
Ein U-Turn später hält der Fahrer am Straßenrand und versucht mir die Sache zu erklären. Ich gebe vor, nichts zu verstehen und will weiterfahren. Schließlich greift er zum letzten Mittel und präsentiert einen plastifizierten Zettel, auf dem in zig Sprachen wohl der gleiche Text geschrieben steht: 'Bleiben Sie so lange wie möglich im Laden. Ich bekomme dann einen Benzingutschein. Wenn Si e etwas kaufen bekomme ich 5 Gutscheine.' Also - what now? Gutmütig, wie ich nun mal bin, kutschiert er mich zu einem Schneider. Mit meiner Backpacker-Garderobe bin ich da richtig gut aufgehoben. Der erste Verkäufer frägt mich, was ich wolle: 'Den Benzingutschein für den Tuktuk-Fahrer, sonst nichts.' Das scheint ihn so zu schocken, daß er ihn wohl sofort aushändigen läßt und ich das Etablissement schnellstmöglich verlassen kann.
Wenngleich nicht ganz im Sinne des Fahrers und seines Auftraggebers - aber immerhin lädt er mich beim Wat Pho ab. Unerwartetes Sightseeing.
Am der Straße zum Wat Pho entscheide ich mich für einen Eingang in der falschen Mauer und lande prompt im Kloster. So ruhig kann aber kein Nationalheiligtum sein, also wieder raus - und drüben rein.
Und dann bin ich erst mal erschlagen: die Architektur ist überwältigend. Genau so, wie man sich Asien im Märchen vorstellt. Da ich das Gelände durch den rückseitigen Eingang betreten habe, muß ich nicht erst durch Menschenmassen ankämpfen, sondern kann mich ganz dem Staunen und Fotografieren hingeben. Die schiere Anzahl von Stupas erschlägt fast. Je näher ich dem liegenden Buddha komme, desto größer wird jedoch die Menschenmenge. Trotzdem ist es noch erträglich.
Und dann bin ich da: vor einem 45 m langen und 15 m hohen liegenden Buddha, der auf dem Übergang ins Nirwana dargestellt ist. Die Zahlen allein sind beeindruckend, ihre Realität aber noch viel mehr. Natürlich gibt es größere Statuen - die sind aber nicht in einer Halle untergebracht, die nur unbedeutend länger und höher als die Statue ist und wohl auch nicht mit Gold überzogen . Auch wenn es eine 'normale' Attraktion ist, die sollte man gesehen haben.
Für die Erforschung des weiteren Geländes lasse ich mir Zeit - denn so einfach will ich diese Umgebung nicht verlassen. Ein kleines Mädchen traktiert neben mir eine Katze, die das zwar recht geduldig erträgt, aber immer wieder zu mir rüberrückt, um richtig gestreichelt zu werden. Was schließlich das Mädchen doch etwas erzürnt und sie mir die Katze entführt - die aber bei der nächsten Stupa das Weite, resp. die Rückkehr zu mir sucht. So habe ich meine erste thailändische 'Freundin' gefunden…
Der Wat Pho ist auch ein Zentrum für buddhistische Kultur, für die Lehre der Thai Massage sowie für Wahrsagerei. Das kann ich mir gerade noch verkneifen - will ich doch die Zukunft erfahren und nicht lesen (lassen).
Obwohl es noch relativ früh ist, mache ich mich auf den Weg zurück: dunkle Wolken haben sich gebildet und ich möchte jetzt nur ungern die Erfahrung eines tropischen Regens machen. Auf dem Boot - nein, die Karte hat sich nicht ausbezahlt - lerne ich ein französisches Ehepaar kennen, das einen Thailand Quickie macht und morgen in den Süden weiterreisen will. Auch sie hatten morgens eine Khlong-Tour machen wollen, aber dann aus dem gleichen Grund abgelehnt. Jetzt können wir es ja nochmals versuchen. Dabei stellt sich der neue Bekannte deutlich besser an als ich und handelt für uns drei noch einen vernünftigen Preis heraus: 2 Std für 1300 B. Leider ist das Licht wegen der zunehmenden Bewölkung ziemlich schlecht geworden - aber das tut dem Kontrastprogramm keinen Abbruch.
Wie nicht anders zu erwarten, sieht die Kehrseite von Bangkok nicht gerade schön oder auch nur OK aus. Das Wasser ist total verdreckt, vermüllt - was aber die Kinder nicht davon abhält, vergnügt darin zu schwimmen und uns freundlich zuzuwinken. Die Hütten sind normalerweise einfachst gebaut, irgendwelche Hölzer halten irgendwie zusammen. Trotzdem hängt an vielen dieser Behausungen frisch gewaschene Wäsche - wobei ich nicht wissen will, wie rein die Wäsche in dieser Brühe wird. Betonbauten am Ufer verrotten, verfallen, brechen zusammen. Und zwischendurch - die eine oder andere Villa, abgeschottet von den Nachbarn und wahrscheinlich ebenso vom verrotteten Wasser.
Auch wenn ich das erwartet habe - es ist immer wieder von neuem ein Schock, Menschen in einer derartigen Umgebung zu sehen. Aber ist Bangkok nicht insgesamt ein derartiger Schock? Stimmt! Bangkok ist ein Moloch aus viel Beton, etwas Glas, viel Smog und 15 Mio Menschen. Was Menschen verleitet, in eine derartige unnatürliche 'Wüste' zu ziehen ist mir einfach unverständlich. Und das betrifft auch meine deutschen Bekannten. Aus irgendeinem 20. Stockwerk auf eine unendlich scheinende Weite von mehr oder weniger hin'gerotztem' Beton zu sehen - das kann doch nicht wirklich erfüllend sein. Aber - und das weiß ich ja - es gibt immer individuelle Gründe, die auch diese Umgebung erträglich machen.
Nach den Khlongs bleibt noch der Abstecher zum Wat Atun – wohin wohl jede Khlong Tour mal führt. Wir werden für 20 Minuten dort ausgesetzt – so lange will der Bootsführer auf uns warten. Einige Fotos weiter, weitere 50 B ärmer (auch die Kurzbesucher müssen blechen) stehe ich vor der steilsten Treppe, die mir bisher untergekommen ist. Schon von unten sehe ich, daß sich da einige Besucher richtig runterquälen, teilweise sogar richtig ängstlich. Macht mir aber nichts – auch wenn’s von oben her senkrecht aussieht. Leider läßt die Minipause keine wirkliche Besichtigung zu – so müssen später die Bilder reichen…
Auf dem Heimweg zur Ekkamai - es ist jetzt schon 19:00 geworden, finde ich am Siam Square noch einen Sizzler, wo ich ein 'fürstliches' Abendessen einnehmen kann. Holger muß heute allein zu Abend essen. Und für den allerletzten Teil des Wegs – per Fuß zu modern town – bekomme ich noch nette weibliche Begleitung: Meine Frage, ob ich da richtig sei, führt zu einer Unterhaltung mit einer Thai mit amerikanischen Wurzeln, die mich noch ein Stück des Wegs begleitet und sicherstellt, daß ich armer Ausländer auch ohne Tuktuk, Taxi oder Motorrad noch gut heim komme.
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Danach ist mal ein Ruhetag dran. Ich hatte Holger versprochen, ihn in die Geheimnisse des Bloggens einzuführen. Was auch seine Zeit dauert … Anmeldung bei Google (ist er schon oder doch nicht und wenn ja mit welchen Daten), Einrichten eines Blogs, Hochladen von Bildern - und da wird's wieder Ernst: Bilder sollten ja verkleinert werden: also folgt noch eine Basisausstattung in Bildorganisation und -verkleinerung.
Damit vergeht auch ein Tag - natürlich nicht nur - aber die Ruhe bringt's dann auch ein bißchen.
Abends führt mir Holger seine Home-Video-Anlage vor: Beamer auf 4x3 m Leinwand projiziert, mit 7.1 Dolby digital - reines Kinoerlebnis. Filmauswahl: Pirates of the Carribean. Da haben wir dann noch zwei weitere Nächte was zu tun…


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