In der Luft fahren …

Geburtstage kommen ziemlich regelmäßig, vergehen wieder und verschwinden in der Versenkung. Leider kann das mit den einhergehenden Geschenken auch passieren: da werden Gutscheine erst euphorisch angenommen, dann nicht gleich eingelöst und fristen schließlich ein unangebracht tristes Leben unter anderem Papier. Und geraten sukzessive ins Vergessen.

So geschehen mit meinem Gutschein für eine Ballonfahrt – von Erwin & Co zum vorletzten (!) Geburtstag überreicht. Da ging’s dann nicht gleich und dann war Sommer und das Licht zum Fotografieren sicher nicht gut und dann … ja dann war es heuer und der Gedanke an die Ballonfahrt schlummerte irgendwo hinter Hirni in meinem Hirn. Irgendwann kam Erwin dann mit der Frage, was denn damit passiert sei – und löste hektisches Suchen zuhause aus. Der Gutschein war weg. Aber wurde dann nach einigen Wochen dank meiner ‚guten Ordnung‘ doch noch da gefunden, wo er eigentlich zu sein hatte. Aber da sucht man ja zuletzt.

Also da war er nun – mit einem ‚use by date‘. Davor war aber noch die Op angesagt, eine Zeit danach, in der ich sicher nur psychisch in die Luft gehen würde und dann ist Winter und irgendwann das UBD überschritten. Also schnell die Jungs (Mädels) von Blue Planet angerufen und einen Termin vereinbart. Wetter.com zeigte eine gute Vorhersage und diesmal ist sie auch wirklich eingetreten: Die beiden letzten Tage waren ja ein Traumwochenende – Sommer-Feeling fast am Herbstanfang.

Treffpunkt war ein Parkplatz in St. Heinrich bei Seeshaupt – nicht zu verfehlen (da werde ich normalerweise gleich hellhörig - nur diesmal nicht): ‚ist da, gleich wenn Sie in den Ort reinkommen.‘ Am Campingplatz Fischer. Ist auch nicht zu verfehlen – genau an der Kreuzung in der Mitte des Ortes. Beim Fischerwirt. An der Kirche. Aber – verflixt – wo ist denn der Campingplatz? Wo sind die anderen? Da ich etwas sehr frühzeitig da bin, beschließe ich, mich durchzufragen: Passanten wissen nix; die erste Kellnerin beim Fischer auch nix, die zweite ist unfreundlich und weiß auch nix. Immerhin seien da Campingplätze in ‚der do‘ Richtung. ‚Der do‘ ist am Seeufer entlang Richtung Norden. Da ist aber nach einigen hundert Metern der Ort zu Ende und nach weiteren 3 km immer noch kein Campingplatz 'do'. Also retour und Richtung Seeshaupt. Dort ist am Ortseingang ein Campingplatz und die Chefin erklärt mir, daß ich genau den Parkplatz brauche, von dem ich ausgegangen bin. Also – wieder umkehren – aber da ist immer noch niemand.

Die zwischenzeitlichen Telefonate mit der Ballooning-Company enden auf Anrufbeantwortern, Rückrufe von irgendeinem Handy auf meinem ohne Nachricht. Irgendwann kommen wir dann doch mobiltechnisch zusammen. Die Dame erläutert mir, daß sie sich auch nicht auskenne (aber - wohlgemerkt - nicht zu verfehlen), momentan bei ihren Eltern in München sei und sie jetzt den Ballonautofahrer (!) informieren würde, wo ich denn abzuholen sei.

Das funktioniert auch, aber der Ballonfahrer (nicht Ballonautofahrer – der sitzt daneben) ist offenbar ziemlich sauer auf mich.

Dann beginnt das Höhenerlebnis ganz profan mit der Suche nach einem Startplatz und nach kurzer Kurverei finden wir eine geeignete Wiese zwischen St. Heinrich und Seeshaupt und da geht’s dann los.

Erst mal mit der Einführung – die todos und nottodos werden erläutert und dann werden wir gleich recht rumkommandiert. Meine Kameraausrüstung erregt das Mißfallen des Ballonführers, weil ich sie nicht beliebig rumliegen lassen will: Zu teuer dafür. Seine Gedanken: '...!'

Die Startprozedur ist richtig schnell erledigt – wahrscheinlich genauso schnell, wie ein Gleitschirmstart (wenngleich das wahrscheinlich nur für meine Starts gilt – die ich ja leider nicht mehr verbessern können werde). Im Vergleich zu meinem ersten Ballonerlebnis in Napa Valley dauert auch das Aufblasen nur sehr kurz. Ruckzuck steht der Ballon – einsteigen und los geht’s.

kurz nach dem Start
Der Boden schwindet unter uns dahin, das Auto, die Zuschauer werden schnell winzig und der Schatten des Ballons läuft auf der Wiese Richtung Wald. Die erste Zeit ist fast nur dem Aufstieg gewidmet – kein Windhauch bläst uns in irgendeine Richtung. Unter uns der Starnberger See und die Osterseen mit unserem beliebten Landgasthof in Iffeldorf. In der Ferne sind Staffel- und Ammersee zu sehen, der Kochelsee scheint herüber und der Ballonführer erklärt den Walchensee zum Achensee. Was ich nicht ganz gelten lassen möchte. Aber seiner Abneigung gegen mich weiteren Vorschub leistet…

Schließlich entscheidet sich der Abendwind, uns doch noch in eine Richtung zu bewegen – Königsdorf ist jetzt das Ziel. Wir gleiten etwa in 1000m Höhe über Grund über die Autobahn, haben den Herzogstand und Heimgarten im rechten Hintergrund und sehen ganz vorne den Wendelstein.

Horizontale Wolkenbarriere
Mittlerweile hat es sich etwas bewölkt, was zu recht interessanten Fotos über und unter der Wolkenschicht führt. In Königsdorf passieren wir in einiger Höhe den Segelflugplatz und gleiten dann weiter – Richtung Tölz… Jetzt wird’s richtig heimatlich für mich – ich kenne da wirklich bald jeden kleinen Hügel, die Gehöfte, die so pittoresk rumliegen, die Kirchlein und Kloster Reutberg, das der Ballonführer als Dietramszell erkennt …

Kurz vor der Landung

Dann sind wir langsam am Ende der Tour – 1 ½ Stunden in der Luft gefahren. Über einem einzelnen Gehöft gehen wir runter, erschrecken noch einige Kühe (die wir mit Rufen beruhigen können), steigen nochmal kurz hoch und landen dann neben einer kleinen Straße. Mittelsanft.

Es ist ein unglaublicher Abend: Die Sonne geht langsam hinter einigen dunklen Wolken unter – ein Farbenspiel in Oberfischbach. Schnell wird der Ballon eingepackt und alles wieder auf den Hänger gewuchtet.
Dann – als ‚krönender‘ Abschluß – die übliche Taufe resp. die Erhebung in den Ballonfahreradelsstand. Eine Prozedur, die ich halt so über mich ergehen lassen muß, weil’s offenbar der Brauch ist. Viel lieber hätte ich mich ins Gras gesetzt und die untergehende Sonne noch eine Weile beobachtet. So werde ich also befeuert (einige Prozent meiner letzten Haare angesengt) und getauft (die angekokelten Haare mit Sekt gelöscht). Immerhin erhalte ich eine Urkunde, in der mir – allen Ernstes – ein Adelsname verliehen wird: ‚Baron Werner, sanft der Abendsonne entgegenschwebender Höhenerzwinger von und zu St. Heinrich‘. Und wahrscheinlich hat es nur zum Baron gereicht, weil ich nicht am Treffpunkt war. Sonst wär's sicher ein Prinz oder mindestens ein Graf geworden

Jedenfalls war die Fahrt ein sehr schönes Erlebnis, über einer unglaublich schönen Landschaft und bei bestem Wetter.

Danke an Erwin, Traudl, Mona und Benni – und alle, die dazu beigetragen haben.

Abschied in der Abendsonne

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