Erst hoch hinaus, dann über’s Wasser rasen


Eigentlich gehört das noch zu gestern: Erwin hat mal wieder den Spruch des Tages getan. Diesmal beim Dinner – nicht im Hotel-Restaurant, sondern in einem kleinen Grill im ‚Zentrum‘ von Khasab. Als wir bezahlten, meinte er: ‚Für die 11€ haben wir gut gegessen‘. Dann, nach einer kurzen Überlegung: ‚Für die 11€ haben wir viel gegessen‘. Eine weitere Überlegung später: ‚Für die 11€ hätten wir viel essen können…‘. Was eine Beschreibung des Abendessens ist, die kaum verkürzt werden kann. Jedenfalls wären wir übersatt gewesen, hätten wir aufgegessen.

Heute ging’s also erst mal noch vor dem Frühstück ans Packen, wobei wir noch nicht wieder die Effektivität von SO Asien erreicht haben. Aber da konnten wir ja auch monatelang üben. Trotzdem ging’s schnell über die Bühne, wie auch das Frühstück selbst. Diesmal wieder mit zwei Schalen Cornflakes,  einem (harten) Ei und einer Banane. Für mich. Erwin hat noch kaffeet und kalten Toast verzehrt.

Dann kam Mohammed mit seinem Nissan 4x4 an, unser Guide und Fahrer ins Gebirge. Nett ist er ja, aber mit Guide ist bei seinem Englisch nicht viel drin, obwohl er sich redlich Mühe gibt. Innen ist der Nissan noch total mit Schutzfolie bezogen – eine Eigenheit, die uns zuvor schon Viola erläutert hat: Solange die Folie noch dran ist, scheint das Auto ja nagelneu zu sein – deshalb wird diese erst dann entfernt, wenn sie gar nicht mehr hält. Bei dem Klima ist das natürlich nicht gerade bequem.

Nach kurzer Fahrt auf der schon gestern beschriebenen Straße biegen wir – eigentlich folgen wir der Hauptstraße –Richtung Diwa ab, der südlichsten Stadt von Musandam. Kurz nach dem Abzweig endet die Teerdecke und weiter geht’s über eine rough road, die sich aber als erstaunlich smooth erweist. Sie wurde erst 1983 gebaut, nachdem zuvor schon eine Militärstraße vorhanden war. Schnell sehen wir, warum von einer Befahrung mit PKWs abgeraten wird: es geht wirklich steil nach oben und ich schätze, daß manchmal 30% Steigung erreicht werden.

Überall sind Häuser von Beduinen zu sehen, manchmal als Ansammlung, ein kleines Dorf bildend, aber oft völlig alleinstehend. Mohammed erklärt (so verstehen wir das), daß man mit dem Truck das Wasser in Khasab holt und zum Haus transportiert. Ganz schön aufwendig, insbesondere zur Zeit, als die Straße noch nicht existierte; da müssen die Esel geholfen haben.

Wir bekommen nach der ersten Steigung einen Eindruck vom Wadi Khasab und der Gewalt, mit der das Wasser das Flußbett geschaffen hat. Sofern es regnet, was dieses Jahr nicht der Fall war und zu echten Problemen führt.

Das Flussbett im Wadi Khasab
Weiter oben finden wir – direkt in die Felsen hineingebaut – ein kleines Häuschen, das ein einzelner Mann 40 Jahre lang bewohnt hat – wohl ein Eremit, der eine der unwirtlichsten Umgebungen für sich gesucht  hat.

Kaum zu sehen in den Felsen: das Häuschen des 'Eremiten'
Von hier aus ist auch die waghalsige Verkehrsführung zu sehen – gerade kriecht ein LKW mit einem Wassertank herauf.

Wassertransport - abenteuerlich
Wenn man das so sieht, könnte einem eigentlich Angst und Bange werden. Mir hat es insbesondere die Strecke zum Gipfel angetan, die zwar für Zivilfahrzeuge nicht erlaubt ist, aber dennoch befahren ist. Und das sogar mit einem Wassertransport, der der Strecke über den Bergrücken folgt:

Mutige Straßenführung auf einem Bergkamm
Das ist wirklich atemberaubende Architektur! Nach vielen Serpentinen und Höhenmetern öffnet sich auf einmal eine Hochebene, die landwirtschaftlich genutzt wird – sofern es denn mal regnet. Hier oben kann es im Januar empfindlich kalt werden – Mohammed spricht von Temperaturen im einstelligen Bereich. Kaum vorstellbar, wenn wir die gemessene Temperatur von 50° (das glauben wir dem Nissan aber nicht ganz, denn es ist eigentlich recht angenehm draußen im Wind) als Vergleichsmaßstab nehmen:

Die Hochebene wird landwirtschaftlich benutzt - sofern es mal regnet
Nach dem Bergrücken besichtigen wir noch eine Wand voller versteinerter Fische – sehr interessant in ca. 1800m Höhe. Entlang der Bergflanke sind immer wieder Anbauflächen oder Gärten zu sehen, nur vereinzelt terrassenförmig angelegt  – nicht wie am Jabel Sabr im Jemen oder in SO Asien, wo die gesamte Fläche der Bergflanken genutzt wird:

Vereinzelkte Terrassenfelder an der Bergflanke
Aber dann geht’s wieder zurück, denn wir müssen ja unsere Fähre erreichen. Mohammed scheint davon nicht sehr angetan zu sein – aber wir wenden dennoch. Wir bewundern nochmals die skurrilen Felswände, die aussehen, als wären sie mal verputzt worden und jetzt würde der Putz abbröckeln:

Felswände, wie von bröckelndem Putz überzogen
Schließlich wollen wir noch eine Stelle besuchen, die wir gestern Abend nicht mehr angefahren haben – die Steigung hat uns abgehalten. Jetzt aber – mit dem richtigen Gerät – geht’s nochmals bergauf, und oben eröffnet sich der Blick auf eine abgelegene Bucht mit Fischerbooten und kristallklarem Wasser. So schön ist Musandam:

Eine Bucht in Musandam
Mit diesem Blick im Gedächtnis verabschieden wir uns von Musandam. Die Fähre nach Muscat wartet. Check in ist problemlos und auch die Verladung des Autos geht ruck-zuck. Wobei ich einen total versteckten und verwinkelten Parkplatz zugewiesen bekomme, der nur einige cm breiter und nicht länger als der Focus ist und deshalb ein Angestellter das Auto dort parkt.

Danach fahren wir aus dem Hafen Richtung Straße von Hormus, eine exorbitante Wasserspur hinterlassend. Mit 90 km/h geht es jetzt also in die Hauptstadt von Oman und gegen 20:00 werden wir dort anlegen.

Abschied von Musandam mit 90 km/h

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