… und nochmals …

... WM.

Nicht zu umgehen, nicht zu überhören, nicht zu übersehen. Omnipräsent.

Nachdem der SuperGau (beliebte deutsche Wortschöpfung: noch größer als der größte anzunehmende Unfall) gegen Ghana ja doch nicht eingetreten und die Welt in den Fugen geblieben ist, hatte ich heute die zweifelhafte Ehre, Zaungast beim Prestigeduell zu sein: Wir (!?) gegen den Fußballerfinder England! Wieder rüttelt es an den Grundfesten unserer Ordnung, wieder steht ein (diesmal geringeres, da ehrvolleres) mögliches Ausscheiden an, diesmal – im Fall der negativen Fälle – aber nur ein Weltuntergang, nicht mehr.

Eigentlich war ich ja, des schönen Wetters wegen, auf dem Balkon, hatte mir Lesestoff besorgt und war mit mir, der Welt und dem Rest zufrieden, hatte auch noch kurz den Sieg des Deutschen gegen die Engländer bei der F1 mitbekommen – wobei ein bemerkenswert steiler australisch/österreichischer Abflug zu einer unsanften Landung ohne bleibende Schäden führte und das normale Rundum- und Hintereinanderfahren etwas erträglicher machte – und war gerade dabei, mich der Lektüre zuzuwenden, als doch der angehende Weltuntergang hereinbrach.

Beim evangelischen Pfarrer war offenbar geistliches (leider nicht sehr geistvolles) public viewing angesagt, einschließlich ständigem Gekreische (die Damen hatten die phonetische Oberhoheit erkämpft), Gestöhne (ich denke, trotz anzüglichem Klang beim Pfarrer dennoch jugendfrei) und noch einigen verbalen Ergänzungen. Die aber meist nur einsilbig waren, und irgendwie auf ohhhhhhhh, ahhhhhhhhh oder ähnliches rausliefen. Immerhin bekam ich so einen richtig emotionalen Überblick über die Geschehnisse im fernen Südafrika, sodaß ich stets zeitnah auf der Höhe der Dinge war und bei interessantem Geschrei die Wiederholung des beschrieenen Tors am Fernseher begutachten konnte. Ich nenne das mal effective viewing, weil nur wenig Zeit verschwendet wird.

Daß wir (!) dann neben dem 'epochalen' Sieg auch noch die Revanche für Wembley unterbrachten – ein besonderes Schmankerl, sogar für mich. Hat doch damals in 1966 dieses dämliche Nichttor für den einzigen Alkholkonsum meines Lebens (ca. ¼ Flasche Bier) gesorgt. Jetzt sind wir also wieder quitt (ich meine uns, nicht mich).

Langsam denke ich darüber nach, meine WM-VAE Fahne doch nicht weiter zu präsentieren, denn entweder glauben die Fans daß ich völlig meschugge bin, oder sie fühlen sich provoziert … wobei ich mit dem ersten noch ganz gut leben kann. Denn – jetzt, gut 2 Stunden nach dem Abpfiff, dröhnt’s immer noch gewaltig durch Tölz: Wer hupen kann, der hupt, wer schon heiser ist, grölt weiter.

Wenigstens ist dieser Lärm etwas homogener und so komme ich doch noch – an diesem wunderschönen Tag – zu einer genüßlichen Lektüre auf dem Balkon.

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