Jetzt gehöre ich also auch dazu …

… ich habe eine Fahne ins Autofenster gehängt! Auch ich. Endlich gehöre ich zu denjenigen, die sporadisch aber regelmäßig ihr Auto flaggisch kolorieren – Flagge zeigen. Dazugehören ist einfach alles. Und wenn nicht Flagge, dann wenigstens ein flaggisch-koloriertes Verhüterli um die Außenspiegel. Nett. Nur nicht daneben stehen.

Nach intensiver Recherche ist mir vor vier Jahren geglückt, die Ursache dafür zu ergründen: Es ist Fußball WM. Und ich stand daneben. Bewußt. Habe die WM boykottiert, weder eine Flagge ans Auto gemacht, noch ein Verhüterli angebracht, noch den Fernseher angemacht. Und war damit allein gelassen. Eine Anfrage an den ‚offiziellen WM Sender‘ (BR3) mit der Bitte um 10 fußballfreie Minuten pro Stunde wurde abschlägig beschieden – ich sei der Einzige, dem daran läge.

Also – 2010 wird alles anders.

Ich habe mich für ein Team entschieden – Nordkorea. Das sind die einzigen, die mit einer ausschließlichen lose-lose-Situation konfrontiert sind: Gewinnen können sie nicht und sollten sie doch gewinnen, dann gewinnen sie damit zuhause auch nichts. Vielleicht ein Handy. Das dann wegen mangelnder Netzabdeckung und vor allem möglicher Gesprächspartner gleich in den Müll wandern kann. Aber da bin ich schon wieder der einzige – zumindest bei den Menschen, die ich gefragt habe.

Und alle zweifeln an meinem Fußballverstand – und das, obwohl ich mir jetzt einige Spiele angeschaut habe (resp. habe anschauen müssen…). Mittlerweile habe ich auch das Geheimnis entdeckt: es gibt eine künstlich verknappte Ressource – den Ball (obwohl immer mehrere im Stadion sind) – und der wird nach 2-3 maligem mannschaftsinternen Hin-oder Hergeschubse dem Gegner gegeben. Meist freiwillig, manchmal aber (wahrscheinlich unbewußt) unfreiwillig. Aber im Schnitt landet jede 2,74te Ballberührung beim Gegner. Was ja von Fairplay zeugt. Neben der kontinuierlichen Statistik über die Häufigkeit des Ballverlusts stelle ich auch noch eine über die Tätlichkeiten auf. Das ist ganz hübsch – das Gegenteil von Fairplay – aber immerhin werden die interessanten Szenen ja oft genug wiederholt, sodaß man sich die Spuren von Stollen auf Knöcheln und Schienbeinen auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln ansehen kann. Super – besser als im Kino.

Wie man sieht – jetzt bin ich auch auf der Höhe der Zeit, voll eingebunden, kann fundiert mitreden und sogar Statistiken anbringen, die über die von ZDF und ARD gebotenen Anteile des Ballbesitzes hinausgehen. Diese Statistik finde ich übrigens überaus amüsant, denn sie sagt – gar nix. Und das ist offensichtlich, sogar bei meinem Mikrofußballverstand. Ist aber nett, und kann diskutiert werden.

Wobei für Ansätze zu WM-bezogenen Themen freilich kein Mangel herrscht. So hat mir gestern die Begrüßung zur sonntäglichen Morgentalkshow auf Bayern 3 ganz besonders gut gefallen: ‚Willkommen an diesem kalten und nassen Sonntag, dem Sonntag vor dem Mittwoch, an dem die deutsche …‘. Normalerweise ist ja nicht die deutsche Nationalelf gemeint, sondern man spricht im 80 Mio Pluralis Majestatis von den ‚Deutschen‘ resp. von Deutschland. Also am Mittwoch laufen wir alle nicht nur Gefahr, daß die Welt untergeht – nein, viel schlimmer – wir Deutschen könnten ausscheiden. Bei der WM. Nicht auszudenken! Und dabei haben wir doch so über die Franzosen und Engländer gelacht! Dann doch lieber den Weltuntergang, das kleinere Übel.


Also – ich habe mich ergeben und bin jetzt auch verfußballert. Sichtlich an der Flagge in der Heckscheibe. Ach ja – welche Flagge? Na klar, die einzige, die aufzutreiben war: Die der Vereinigten Arabischen Emirate. Was? Die sind gar nicht dabei! Macht nix – dann kann man wenigstens darüber diskutieren, warum sie nicht dabei sind. Auch ein Aufreißer…

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