In eigener Sache: Mein Parkinson und ich

Von Zeit zu Zeit wird mir bewußt, daß ich mittlerweile eine Menge über meine Krankheit gelernt habe: Dinge, die mir jetzt geläufig sind, waren noch vor einiger Zeit für mich völlig unbekannt. Da Parkinson mein Leben doch sehr stark verändert möchte ich die Gründe dafür einmal beschreiben: My Parky and me...

Parkinson – eine persönliche Einführung

Parkinson (MP – Morbus Parkinson oder PD – Parkinson Disease) ist eine progressive neurodegenerative Erkrankung, die den Verlust der Kontrolle über Muskeln nach sich zieht. Sie wird meist im Alter von über 50 Jahren diagnostiziert. Ursprünglich wurde sie als ‚Schüttellähmung‘ bezeichnet, wegen des bei den meisten Patienten auftretenden Zitterns (Tremor). 

Symptome

Folgende Anzeichen sind symptomatisch und treten bei den meisten Betroffenen auf:
  • Tremor
  • Vornübergebeugter Gang
  • Verlangsamte Bewegungen
  • Muskelsteifigkeit (Rigor)
  • Unwillkürliche Bewegungen (Dyskinesia)

Lange Zeit wurden ausschließlich derartige motorische Probleme mit Parkinson assoziiert. Erst seit kurzer Zeit ist bekannt, daß viele nicht-motorische Probleme ebenfalls durch Parkinson ausgelöst werden. Grund ist die fehlende Kontrolle über Muskeln, die etwa Organe steuern. Dies kann den gesamten Körper betreffen. Beispiele sind:
  • Sehprobleme
  • Verstopfung
  • Schluckbeschwerden
  • Muskelschmerzen durch Fehlhaltung

Die aktuelle Forschung versucht verstärkt, diese nicht-motorischen Probleme in Angriff zu nehmen.

Ursache und Verlauf

Nur in 5 – 10% aller Fälle ist die Ursache für die Erkrankung ausschließlich genetisch bedingt. Dennoch ist die Forschung auf diesem Gebiet notwendig, um mögliche Auslöser zu finden.

Es gibt keine eindeutig zuordenbare Ursache für die Krankheit. Viele Studien haben sich diesem Thema gewidmet, aber es konnte kein allgemein gültiges Muster gefunden werden. Einige Indikatoren – Umweltbedingungen - sind jedoch mittlerweile bestätigt: Menschen auf dem Lande sind eher gefährdet wohingegen Raucher oder Kaffeetrinker mit geringerer Wahrscheinlichkeit erkranken. Für präventive Maßnahmen reichen diese und weitere Erkenntnisse jedoch nicht aus, da die Erkrankungswahrscheinlichkeiten sich zwar ändern aber nicht in einem verwendbaren signifikanten Maße.

Grund für den Kontrollverlust ist die verringerte Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin im Gehirn, der für die Steuerung der Nerven verantwortlich ist. Er wird in der sog. Substantia Nigra produziert (schwarze Substanz). Beim ersten Auftreten von Krankheitssymptomen ist in den meisten Fällen die Produktion von Dopamin gegenüber der Ausschüttung im gesunden Zustand schon um mehr als 2/3 gesunken, und unglücklicherweise verringert sich die Produktion weiter. Das Gehirn kann also den Ausfall von mehr als der Hälfte der natürlichen Menge an Dopamin kompensieren bevor Probleme erkennbar werden. Somit treten die ersten eindeutigen Anzeichen von MP erst sehr spät auf. Die Krankheit ist zu diesem Zeitpunkt schon jahre- oder gar jahrzehntelang im Körper.

Was aber löst den Abbau der Dopaminproduktion aus?

Dafür sind die sog. Lewy Bodies verantwortlich, die aus α-Synuclein, Ubiquitin, Neurofilament und anderen Proteinablagerungen bestehen. Sie werden gebildet, wenn α-Synuclein sich ‚falsch faltet‘ (misfolding) und dabei verklumpt. Im typischen Parkinson Krankheitsbild finden sich daher diese Lewy Körperchen in der Substantia Nigra, die dadurch an der Produktion von Dopamin gehindert wird.

Aktuelle Forschungen haben nun zwei wichtige Ergebnisse erbracht:
1. Lewy Bodies treten nicht nur in der Substantia Nigra sondern auch in anderen Bereichen des Gehirns auf. Es ist erwiesen, daß sie sich vom Stammhirn ausgehend über das gesamte Gehirn ausbreiten. Damit ist der Nachweis erbracht, daß MP keine statische Krankheit ist sondern sich progressiv entwickelt und eine Vielzahl an verschiedenartigen Symptomen zeigt (da unterschiedliche Teile des Gehirns beeinträchtigt sind).
2. Die Proteinaggregation, die bei MP zur Mißbildung von ?-Synuclein führt, ist eine Gemeinsamkeit von progressiven neurodegenerativen Erkrankungen. Sie findet sich bei Alzheimer (in Form von Plaques), Lewy Body Dementia, Huntingdon’s Disease, Creutzfeld-Jacob Disease, … 

Daraus folgt, daß
  • Gemeinsame Forschungen zu allen neurodegenerativen Erkrankungen sinnvoll sind,
  • Ein Ansatz die Krankheiten zu bekämpfen darin liegt, die Ausbreitung dieser ‚Körperchen‘ zu  unterbinden (und damit den Verlauf zu verlangsamen oder aufzuhalten)
  • Die Diagnose so frühzeitig wie möglich und nicht erst beim Auftreten der typischsten Symptome erfolgen sollte 
  • Symptome anderer neurodegenerativer Erkrankungen auch im Verlauf von Parkinson auftreten können.

Mein Parkinson

Einige Symptome hatte ich lange Zeit gekannt aber nicht mit Parkinson in Verbindung gebracht. Seit weit über 10 Jahren hatte ich zeitweise Tremor in den Beinen beobachtet. Ich verlor im Lauf der Zeit meine Fähigkeit zu schreiben, habe das aber auf mangelnde Übung (es waren nur noch vereinzelt Unterschriften zu leisten, alles andere wurde am PC erledigt) zurückgeführt. Ebenso verlor ich vor längerer Zeit meinen Geruchssinn (ein relativ eindeutiges MP Anzeichen – Lewy Bodies im olfactory bulb), habe das aber genetisch begründet.

Mit dem erstmaligen bewußten Kontrollverlust über die Finger meiner rechten Hand habe ich zum ersten Mal an Parkinson gedacht, was dann bald bestätigt wurde. Der gleichzeitig diagnostizierte Gehirntumor war völlig unabhängig entstanden und wurde ja – trotz unerfreulicher Komplikationen nach der ersten OP – endgültig entfernt.

Mittlerweile bin ich in Schottland in exzellenter Behandlung. Dennoch schreitet die Krankheit fort – sie macht auch bei mir keine Ausnahme. Letztes Jahr wurde das besonders sichtbar, da sie sich nachhaltig auf meinen Gang ausgewirkt hat. Ohne Stöcke habe ich jetzt den typischen Parkinson-Gang; mit Stöcken ist es viel leichter, weil der Oberkörper vertikal, die Schrittlänge normal bleibt. Die Nebenwirkungen spüre ich natürlich beim Sport, wenn ich beim Tennis nicht korrekt stehe oder nicht in der Lage bin, auf einen Ball zuzulaufen und die 18 Löcher beim Golf wirklich anstrengend sind (entgegen meiner langjährigen Aussage, daß Golf doch nur Spazierengehen und kein Sport sei).

Davor hatte ich ja schon das Moutainbiken aufgegeben, mittlerweile aber mit einem eMTB wieder beginnen können. Es ist traumhaft, wieder die Berge rauf und runter zu düsen (und Eleanor nicht nur von hinten zu sehen zu müssen…).

Über lange Zeit hatte ich keine Dyskinesia; die hat sich erst während der letzten Monate in mein Leben geschlichen womöglich als Folge einer Neudosierung meiner Medikamente. Das Nachlassen des Tremor bezahle ich wohl mit gesteigerter Dyskinesia. An die mangelnde Kontrolle meiner Hände habe ich mich ja mittlerweile gewöhnt, aber es ist extrem seltsam, ganze Körperpartien zu bewegen, ohne etwas dazu zu tun oder dagegen tun zu können.

Bei den non motor symptoms ist der Mangel an Speichel besonders unangenehm. Mein Mund fühlt sich oft an wie Sandpapier und Sprechen wird schwierig. Andere NMS sind mit der momentanen Medikation recht gut im Griff.

Fazit

Ich habe Parkinson, bin mir über die Auswirkungen bewusst und versuche das Beste daraus zu machen. Es hätte schlimmer kommen können.

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