Haunted Mirror
Eleanor liebt Spiegel. Ich nicht – da sehe ich mich nämlich
immer selbst… Spielt aber keine Rolle – ein Bad ohne großen (!) Spiegel ist ihrer
Meinung nach einfach kein Bad. Und wenn’s zudem ganz neu ist, dann muß auch
der Spiegel gut geplant sein.
So war’s dann auch – der Platz für den Spiegel war da.
Fehlte nur noch das gewisse Dings. Da es aber zig verschiedene Varianten gibt,
waren wir uns nicht so ganz schnell einig geworden (ich weniger, aber Eleanor
mußte sich erst noch mit sich abstimmen), welcher Spiegeltyp denn nun am besten
badgeeignet sei.
Schließlich wurden zwei Spiegel nahezu gleicher Größe
gekauft und zuhause begutachtet. Der erste hatte einen Rahmen – ähnlich wie die
Tür – aber der Rest des Bads ist in Weiß resp. Dunkel gehalten. Paßt also nicht
so ganz. Der zweite war rahmenlos, passte größentechnisch optimal, mußte aber
mit Klammern befestigt werden – was den optischen Eindruck verschlechterte.
Also – Entscheidung aufgeschoben.
Irgendwann war’s dann doch so weit. Mark sollte einige Dinge
fertigstellen und auch den ominösen Badspiegel
montieren. Zwischenzeitlich hatten wir den gerahmten Spiegel
zurückgegeben – die Entscheidung war also gefallen.
Clever, wie Mark nun mal ist, meinte er, daß der Spiegel ja
genausogut auch an die Wand geklebt werden könne. Das hätte er mit der
‚wetwall‘ auch so gemacht und das würde ganz vorzüglich halten. Und – Klammern
wären dadurch überflüssig. Also – der Spiegel wird geklebt und nicht
geklammert. Hat außerdem den Vorteil, daß keine Fliesen durchlöchert werden
müssen. Der Klebstoff sieht zwar scheußlich aus – aber den sieht man ja
hinterher nicht mehr.
Zur Vorsicht wird der geleimte Spiegel noch von unten
gestützt und – laut Mark – könne ich die Stützen wegnehmen, wenn der Klebstoff
trocken sei. Um dies nachzuprüfen hat er eine kleine Menge auf einer Spachtel
liegen gelassen. Eigentlich sollte das im Verlauf von einigen Stunden passiert
sein. Bei Spiegeln bin ich aber vorsichtig. Auch als der Kleber staubtrocken
war, habe ich noch einen ganzen Tag gewartet und erst abends dann die
monströsen Stützen weggenommen. Sieht richtig gut aus – denke ich – und benütze
mal die Toilette. Nebenbei probiere ich noch die Stellung für den noch zu befestigenden
Toilettenpapierhalter aus und bin baff erstaunt, wie tief der doch montiert
werden muß – gleich unterhalb des Spiegels… Erst dann bemerke ich das Übel: der
verdammte Spiegel rutscht. Erdanziehung läßt grüßen, Klebstoff läßt fließen…
In aller Hektik und Eile versuche ich, das Ding wieder zu
stabilisieren – es gelingt mir mit Hilfe der Wäschetrommel und einiger
Asterix-Bände … was besseres war auf die Schnelle nicht aufzutreiben. Und oben
– oberhalb der Spiegeloberkante – glänzt der Kleber. Scheußlich, abgrundtief scheußlich.
Da Mark mir versichert hatte, daß im Falle des Falles, der Kleber nicht mehr
von den Fliesen zu bekommen sei, war guter Rat teuer – oder der Fliesenleger
hätte neue Arbeit bekommen. Irgendwie gelang es mir dann doch, die Fliesen
wieder sauber zu bekommen – hart war der Kleber unter dem Spiegel ja nicht
geworden. Mark wird noch per SMS verständigt und will am nächsten Abend kommen.
Tut er auch. Und schafft es sogar, den Spiegel ohne Scherben
von der Wand zu bekommen und zudem die gesamte Wand vom Kleber zu befreien.
Also - zurück auf Los und nochmals
versuchen. Ich bin mittlerweile überzeugt, daß wir besser den konventionellen
Weg mit Klammern gehen sollten, bevor wir uns auf ein weiteres Klebeabenteuer
einlassen. Mark hatte nämlich die glorreiche Idee, einen anderen
auszuprobieren…
Also – straight forward – ein paar Dübel in die Fliesen und
die Wand und dann muß das Ding hängen. Kein Problem mit dem Werkzeug, das Mark
schon für den gesamten Ausbau verwendet hat (er hat natürlich ein paar Dinge
mehr – einen ganzen Van voll; davon etwas später noch mehr). Die vier Löcher
sind schnell gebohrt, der Spiegel hängt aber um 0,23° nicht exaktwaagrecht. Das
ist auch kein Problem – eine Schraube wird ausgetauscht und dann sollte der
Spiegel das Spieglein an der Wand sein.
So einfach ist es aber mit dem ‚haunted mirror‘ dann doch
nicht. Gerade die letzte Schraube ist es, die Probleme macht. Und zwar völlig
überraschende. Beim (Wieder-)Reinschrauben beginnt es zu zischen – wir schauen
und gegenseitig an - und Mark platzt
heraus: ‚Wo ist das Sperrventil für’s Wasser?‘ Er hat – wie wir später
feststellenkonnten – ein Kupferrohr
völlig mittig angebohrt – schießtechnisch eine glatte 10 (auf Englisch: into
the bull’s eye). Langsam breitet sich – trotz abgestelltem Wasser, eine nette
Pfütze aus, dringt rüber ins Office und findet schließlich auch den Weg durch
die Decke in die Küche resp. das Eßzimmer, ins Lindsay’s Zimmer, rinnt die
Wände runter: das mit der Erdanziehung hatten wir ja schon mal…
Immerhin ist das Ventil schnell geschlossen – dennoch ist
die Sauerei vorhanden. Und wir wissen nicht, wie viel da noch kommen wird.
Schließlich bleibts wenigstens bei einer relativ geringen Menge und nur
vereinzelten Rinnsalen an den Wänden. Glück gehabt – das können die Painter
reparieren – ohne allzu großen Aufwand. Aber – da das Wasser abgestellt ist,
gibt’s weder Toilette, noch Dusche, noch … außer, wir erreichen den Plumber.
Telefonisch geht’s leider nicht, denn es ist schon weit nach Feierabend, aber
Mark will einfach bei ihm privat vorbeifahren. Und er kommt wirklich sofort zu
uns – Spitzenservice, den wir aber von ihm sowieso schon kennen.
Mark ist total aufgelöst und als über die Reparatur
diskutiert wird, nimmt er ein falsches Maß (leider ist die Außenwand des Bads
nicht auf der gleichen Höhe, wie die Außenwand des Offices) und macht ein
ziegelsteingroßes Loch in die Wand, wo halt kein Leck ist. Und dann noch eins,
wo das Leck ist. Schön gescheckt sieht jetzt die Wand in meinem Office auf.
Jedenfalls hat’s geholfen und auf irgendeine mysteriöse Weise wurde das
angebohrte Stück Kupferrohr entfernt und ein neues eingesetzt. Also gibt’s wieder
Wasser und morgens kann auch geduscht werden.
Ein paar Tage später kommt Mark und verspachtelt die beiden
Löcher, sodaß sie später übermalt werden können. Laut seiner Aussage wird man
dann nichts (!) mehr von dem Unglück sehen. Und außerdem – hängt der Spiegel
jetzt ohne Leck und ganz waagrecht (wahrscheinlich um 0,03° nicht waagrecht - aber das zählt nicht). Das Übel ist also fast ausgestanden – fehlt
nur noch das Abschleifen der Löcher und schließlich das Übermalen.
Auch das will Mark noch machen – Wiedergutmachung, auch wenn
wir gar nicht darauf bestehen. Also kommt er eines Nachmittags wieder vorbei –
grüßt mich freundlich – und ohne Übergang bricht’s aus ihm raus: ‚That’s a
catastrophy.‘ Was war passiert? Beim Öffnen der Hecktür seines Vans ergießt
sich ein ganzer Kübel weißer Wandfarbe über die Stoßstange auf die Straße.
Natürlich sieht’s innen entsprechend aus – alles Werkzeug ist ‚geweißelt‘, der
Boden trieft von dickem Weiß, zugeschnittenes Holz ist betroffen, etc. Schnell
geht jetzt gar nix – der Wagen muß komplett entladen werden, dann spritzen wir
mit dem Schlauch alles mögliche mal ab – was der dunklen Straße einen netten
hellen Schein gibt. Und dann schicke ich ihn zum Car-Wash-Service. Und dort
bringen sie den Laderaum doch glatt noch sauber – so sauber, wie er wohl schon
seit einiger Zeit nicht mehr war. Aber die Utensilien muß Mark halt doch noch
reinigen. Jedenfalls nach mehreren Stunden Reinigung geht er an die Reparatur
der Löcher – und das wird wirklich schön. Das Übermalen überläßt er (auf mein
Anraten) den Painters – der Spiegel hat schon genug Unheil angerichtet.
Also – jetzt hängt der Spiegel, das Wasser läuft, die Wand
ist zugegipst und es fehlt nur noch die richtige Farbe. Da hoffe ich aber, daß jetzt
genug ‚verwünscht worden ist, und die letzte Etappe unfallfrei über die Bühne geht.
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