Reif für die Insel?


Oder – wie man ein Insulaner wird…

Also mal vorab: Ich wohne schon seit Ende Juni in Schottland und beginne erst jetzt, meinen Blog ein bißchen upzudaten. Es hat etwas (naja – lange) gedauert, es ist dennoch viel passiert (sogar ein Urlaub in Portugal) – aber einfach so viel, daß keine Zeit (und Lust) für Bloggen war. Aber – es wird schon wieder.

Auf die Insel zu kommen, war – siehe den Umzugsbeitrag – zwar aufwendig, aber nicht gerade problematisch. Physisch zumindest. Ich war also angekommen, hatte ein Dach über dem Kopf (wenngleich manchmal etwas zugig, da ja noch nicht alle Wände fertiggestellt waren) und dachte, das sei wohl alles gewesen. Aber denken sollte man erst dann, wenn man mehr weiß. Und das ist jetzt der Fall.

In Tölz hatte ich schon meinen Personalausweis (natürlich den Neuen, digitalen, high-end mit Chip und PIN) ändern lassen auf: ‚Kein erster Wohnsitz in Deutschland‘ , wenngleich die Dame, die bei meinem Sachbearbeiter im Office sitzt, da noch Einwände hatte. Sprach zum Kollegen: ‚Weißt Du, ob der da (damit war ich gemeint) überhaupt ins Ausland zieht? Du kannst doch nicht so einfach den Wohnsitz auflösen!‘ Die Zenzi hatte mich schon mal furchtbar genervt und versuchte das zum Abschied in Tölz nun wieder. Immerhin hatte ich aber einen netten Sachbearbeiter erwischt, der alles sinnvoll und richtig geregelt hat.

Damit müßte dann wohl alles erledigt sein. Bis auf den Eintrag im Paß, was im Generalkonsulat in Edinburgh zu erledigen sei. Nae botha (no bother), wie die Schotten zu sagen pflegen.

Irgendwie ahnte ich aber schon intuitiv, daß das alles nicht so einfach sein würde. Denn die Briten haben ja keine Meldepflicht. Man wohnt einfach irgendwo, und die Jungs und Mädels vom Staat müssen mal schauen, wie sie damit klarkommen.

Und die Zugereisten.

Das erste Problem trat dann bei der Bank auf. Ich wollte ein Konto eröffnen, um Geld aus Deutschland darauf zu transferieren. Denkste – so einfach geht das nicht. Aussage bei mehreren Banken: Da müssen Sie nachweisen, daß Sie hier leben. Und – bitte – wie soll ich das nachweisen? Möglichst durch Community Bills, die ich von meinem Konto (!) bezahlen würde. Wie pflegt man zu sagen: Deadlock oder Catch22. Klasse. Und jetzt? Wie lösen wir das Problem? Na, da hilft vielleicht die gute alte Bundesrepublik Deutschland. Mit ihrem Konsulat in Edinburgh.

Telefonisch bekomme ich die Auskunft, daß der Paß natürlich problemlos geändert werden könnte. Ich müßte halt einen Nachweis des Wohnsitzes bringen.  Toll – und wie bitte? Etwa durch Community Bills – wie also Strom- oder Gasrechnung, etc. Nach einigem hin und her hatte ich den Beamten aber am Telefon so weit, daß er auch andere Rechnungen als Nachweis akzeptieren würde, wie etwa die über den neuen Boiler, den wir einbauen lassen mußten.

Daraufhin düse ich also per Bahn nach Edinburgh (Auto hatte ich ja noch keins – von welchem Konto hätte ich es, die Steuer und die Versicherung bezahlen sollen?) finde eine nette Wohngegend  und an einem der Stadthäuser die deutsche Fahne. Aha – da bin ich richtig. Klingel scheint’s nicht zu geben, aber irgendwelche aufmerksamen Bediensteten, die die Tür öffnen. Dahinter ist ein kleiner Eingangsbereich, in dem einige Leute sitzen, diskutieren, reden, Broschüren studieren, etc. Eine Sammlung von Menschen, die alle irgendwas vom Konsulat wollen.

Ich bringe also mein Begehr vor, denke, daß ich dann zu einem Sachbearbeiter komme, bekomme meinen Paß abgenommen und soll warten. Im Eingangsbereich. Noch nicht mal ein Wartezimmer ist vorhanden. Und dann ist mein Paß und die nette Rechnung auch noch weg. Beiläufig bekomme ich die Art von Problemen mit, mit denen die Menschen hier ankommen: Besonders ein frisch verheiratetes Paar (beide über 70…) ist lautstark am lamentieren, was denn das für unverschämte Regularien seien. Kiloweise hätten sie schon Unterlagen angeschleppt, und jetzt noch das (was, das hat mich nicht interessiert…).

Nach einiger Zeit kommt eine junge Dame und ruft meinen Namen auf: Jetzt also geht’s los, denke ich. Aber weit gefehlt: Der neue Wohnort ist eingetragen, fein säuberlich in Handschrift (!) aber immerhin mit einem offiziellen Stempel. So easy. Ich bin also ganz erleichtert, will mich vor der Bahnfahrt noch physisch erleichtern und frage – auf Englisch – nach einer Toilette, worauf ich die Antwort bekomme: ‚Sprechen Sie auch Deutsch?‘ Das war’s dann; auch wenn die Dame vielleicht eine Werkstudentin war – Englisch in seiner einfachsten Form sollte man wohl voraussetzen können. Insbesondere, wenn der Arbeitsplatz in Edinburgh ist.

Jetzt also wohne ich in Schottland – und nix kann mehr schiefgehen!

Der Spiegel und der Heise-Verlag haben in der Zwischenzeit auch schon ihre Magazine nach Cupar gesandt. Läuft also alles prima.

Jetzt will ich mal mein Prepaid Handy in einen Vertrag umwandeln. Bei phones4u wird einem gut geholfen. Ich suche einen passenden Vertrag – viel Internet – und will ihn abschließen. Bezahlung per Kreditkarte. Nein, das geht nicht, das muß vom Konto abgebucht werden. Also gehen wir zur nächsten Bank, lassen uns beraten und hören dann, daß das Konto nicht eröffnet werden kann, wenn ich nicht mindestens 6 Monate in UK gelebt habe. Wie bitte? Ich hab doch den Nachweis, daß ich hier wohne im Paß! Interessiert nicht; die 6 Monate müssen sein. Juristisch gesehen, nicht haltbar (laut EU-Recht) aber im Zweifelsfall gibt’s halt eine andere Begründung.

Langsam frage ich mich schon, wie das weitergehen soll. Noch nicht mal einen Handyvertrag kann ich abschließen und die Banken weigern sich auch, über die Grenzen zu schauen – und etwa eine Schufa Auskunft aus Deutschland zu akzeptieren. Das war dann auch der absolute Tiefpunkt meiner bisherigen Zeit in Schottland.

Letzter Versuch: Eröffnung eines gemeinsamen Kontos mit Eleanor zusammen. Bei ihrer Bank, bei der sie seit Jahrzehnten eine gute Kundin ist. Gesprächsverlauf wie gehabt: Da müssen Sie 6 Monate in UK gelebt haben. Wir wollen aber doch nur ein GEMEINSAMES Konto! Da platzt mal Eleanor der Kragen und sie droht, alle Konten auf eine andere Bank zu verlegen – was offenbar doch etwas Nachdenken verursacht. Jetzt ist zum ersten Mal irgendwo goodwill festzustellen und – ob man’s glaubt oder nicht – 3 Arbeitstage später ist das Konto eröffnet, Rechnungen können bezahlt werden, die Autoversicherung und –steuer ebenfalls, usw.

Also fahre ich jetzt meinen neuen weißen Altea, habe einen interessanten Mobilfunkvertrag und alles läuft richtig.

Endlich – angekommen.

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PS .... da war doch noch was: Wir haben uns beim David Lloyd Center in Dundee zum Sport angemeldet: Fitness, Tennis, Schwimmen, ... Klar, daß wir eine Partnermitgliedschaft beantragt und auch bekommen haben; die ist nämlich billiger als zwei Einzelmitgliedschaften. Soweit so gut; bis mich dann eines Tages eine Dame vom DLCenter anrief und freundlich fragte, ob Eleanor und ich auch wirklich ein Paar seien. Das ginge nämlich aus meinem Paßeintrag nicht hervor, der ja nur Cupar als Wohnort festlegt. Meine Anfrage, ob sie zur Bestätigung vielleicht auch noch ein Bild des Schlafzimmers (mit oder ohne Bewohner) haben wollten, hat sie denn dann doch verneint. Aber - so einfach ist der Nachweis doch nicht, denn sogar die Kontoauszüge des gemeinsamen Kontos kommen getrennt an Eleanor und mich - aber natürlich an die gleiche Adresse. Wer's versteht ... Jedenfalls ist DLC jetzt zufrieden mit den Nachweisen.

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